Wintertraining: Sonne, Schnee & Berge

18/12/2020
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Lindenberg im Allgäu
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DE
Training
Distanz (km):
141
Höhenmeter:
2.914
Dauer:
6:20
Autor/in:
Thomas Dobner

Die Wintersonne zeigt sich von ihrer besten Seite als ich mein Rad aus der Haustür schiebe und lässt die Motivation gleich enorm steigen. Da die Temperatur allerdings um die Null Grad Marke liegt, ist das Warmfahren auf den ersten Metern noch wörtlich zu nehmen. Die ersten Höhenmeter des Tages auf der Panoramastraße Richtung Bodensee lassen einen schnell auf warme Gedanken kommen und die kalte, klare Luft macht wunderbar den Kopf frei. Bald darauf geht es auf der kurvigen, kleine Straße in einem ständigen Auf und Ab 500 Meter oberhalb des Bodensee bergab Richtung Bregenz. Dabei bietet sich ein wunderbarer Panoramablick auf die Ausläufer des Bregenzer Walds, den Säntis auf der Schweizer Seite und den tief blauen Bodensee von der Insel Lindau bis nach Konstanz. Das ist eine meiner absoluten Lieblingsstrecken, die die Vorfreude auf den langen Tag im Sattel noch größer werden lässt und man direkt nach einer Rechtskurve das Gefühl bekommt, man könnte von der Anhöhe direkt in den See eintauchen, wofür es leider noch die falsche Jahreszeit ist.

Auf Seehöhe angekommen lichten sich die letzten Nebelfelder über dem Bodensee und sobald die Altstadt von Bregenz hinter mir liegt, geht es über die Bregenzer Ach schon zur Anfahrt in den ersten Anstieg des Tages. Dabei geht es bei sehr moderaten Steigungsprozenten über eine schmale Straße entlang einer Schlucht bergauf, wobei lediglich 300 Höhenmeter bis zum kleinen Bergdorf Buch zurückzulegen sind. Der Anstieg ist ideal, um die Beine in Schwung zu bringen und dank dem Morgenkaffee drehen sich die Beine schon richtig gut. Nach ein paar Kilometern auf einem Hochplateau geht es auf einer schönen Abfahrt mit erneuten Ausblick auf das Bodenseepanorama hinab nach Dornbirn, wo bereits der längste Anstieg des Tages wartet. Nachdem ich im Ort links abgebogen bin, habe ich ein paar hundert Meter, um die Beine wieder in den Klettermodus zu bringen, bevor es sehr abrupt in das erste Steilstück mit über 10% Steigung hinauf zum Bödele geht. Auf den nächsten acht Kilometern müssen 700 Höhenmeter zurückgelegt werden bevor man auf der Losenpasshöhe, die auf 1140 Metern liegt, ankommt. Während ich mit jeder Kurbelumdrehung Meter um Meter zurücklege, glitzert am Straßenrand der Neuschnee in der Sonne und Skitourengeher im Tiefschnee begleiten mich, wobei der Geschwindigkeitsunterschied fast zu vernachlässigen ist. Im Grundlagentempo finde ich meinen Rhythmus am Anstieg und fühle mich richtig wohl im Sattel auf meinem Lieblingsterrain. Zeitweise unterbricht lediglich meine gleichmäßige Atmung den abschweifenden Blick auf die wunderschöne und tief verschneite Berglandschaft des Bregenzer Waldes. Kurz unterhalb der Passhöhe gefriert der Atem auf den letzten Metern im Schatten. Auf dem Bödele oben angekommen herrscht ein munteres Durcheinander aus verschiedenen Wintersportlern, von Familien mit Schlitten bis zu Wandergruppen mit Schneeschuhen, in dem ich mir fast wie ein Außerirdischer vorkomme.

Warm eingepackt geht es in die kalte Abfahrt, wobei sich ein weiter Blick in das Vorarlberger Bergpanorama öffnet. Im schattigen Tal angekommen liegen die kältesten Kilometer Richtung Mellau vor mir, wobei die Temperaturen deutlich in den Minusbereich sinken und es mir lediglich an den Hügeln kurz wieder warm wird. Trotz der klirrenden Kälte bin ich von dem Anblick der schroffen Felswände mit ihrem schneeweißen Deckmantel immer wieder beeindruckt, welcher das schwindende Gefühle in meinen Zehen- und Fingerspitzen kurzzeitig vergessen lässt. Auf dem Weg nach Hause geht es zunächst über ein paar kleinere Wellen, die wieder im Sonnenschein liegen und mich somit auf zwei Weisen aufwärmen. Im Anschluss daran wartet der letzte Anstieg für heute hoch nach Sulzberg, der einer meiner häufigsten Trainingsberge hier ist. Dabei warten noch einmal circa 500 Höhenmeter auf sieben Kilometern Länge über die Ortschaft Doren berghoch auf über 1000 Meter. Mittendrin im Anstieg läuft es nach fünf Stunden Fahrzeit nicht mehr so unbeschwert und ich freue mich innerlich schon auf die warme Dusche daheim. Nach den letzten Höhenmetern genieße ich nochmal den Ausblick Richtung Säntis, der von der Abendsonne angestrahlt wird und ziehe mir Mütze und Handschuhe an bevor es in die letzte Abfahrt geht. Auf den letzten Metern nach Hause merke ich die Leere und Schwere in meinen Beinen und fühle gleichzeitig eine innere Ausgeglichenheit, die ich in dieser Art und Weise nur auf dem Rad am Ende des Trainings spüre. Unmittelbar bevor ich daheim ankomme und wie jedes Mal aus meinen Pedalen ausklicke, läuft dieser wunderschöne Trainingstag in den Bergen vor grandioser Landschaft wie ein Film in meinem Kopf noch einmal ab und ich kann mich einfach glücklich schätzen solche Erlebnisse genießen und teilen zu können.

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